Ehe für alle 7.11.20
Aktion vor, gemächliches Tempo im Bundeshaus

Während vor dem Bundeshaus am 14. Oktober laut und bunt die gleichen Rechte für gleichgeschlechtliche Paare eingefordert wurden, sieht die Traktandenliste des Ständerates ein etwas gemächlicheres Tempo vor. Die Aufregung darüber sei zwar verständlich, nütze aber leider wenig, wie Daniel Stolz erklärt.
Über 50 Personen haben sich am 14. Oktober vor dem Bundeshaus in Bern eingefunden und forderten die längst überfällige Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare ein. Für Salome Zimmermann, die Präsidentin des Komitees «Ehe für alle» ist klar: «Die Mobilisierung zeigte, wie wichtig unser Anliegen ist und wie ungeduldig viele auf die Gleichstellung warten.» Das Komitee sei zuversichtlich, dass die Rechtskommission des Ständerates und der Ständerat den Weg schon bald für die eine Gleichstellung freimachen würden, meint sie weiter. Für Maria von Känel, Geschäftsleiterin des Dachverbandes der Regenbogenfamilien und ebenfalls Vorstandsmitglied im Komitee erinnert in einer Pressemitteilung an die Wichtigkeit gesetzlicher Absicherung von allen Familienmodellen. Sie sagt: «Ob Wissenschaft, Familienverbände wie Pro Familie oder ganz einfach die Realität: alles bestätigt, dass Regenbogenfamilien gleichwertige Familien sind. Die Politik darf diese Tatsache nicht mehr ignorieren. Jeder Tag, in dem Kinder und Eltern aus Regenbogenfamilien keinen ausreichenden gesetzlichen Schutz erhalten, ist ein Tag zu viel!»
Kampagnenleiterin Olga Baranova bestätigt auf Anfrage, dass auf die Wintersession weitere Aktionen wie diese vor dem Bundeshaus denkbar seien. «Allerdings besteht ein grosses Risiko, dass sich die Aktionen wegen Corona im virtuellen Rahmen abspielen werden müssen», fügt sie an.
Daniel Stolz, der Vertreter von Network im Komitee, freut sich ebenfalls über die erfolgreiche Aktion vor dem Bundeshaus. Mit Spannung erwartete er den 19. Oktober. An diesem Tag behandelte die Rechtskommission des Ständerates (RKS) das Thema. Ein paar Tage später sagt er: «Es fand die erste Anhörung statt. Die Beratung allerdings erfolgt an einer nächsten Sitzung.» Er hofft, dass dies am 12. November der Fall sein wird, Garantien gäbe es aber keine. «In der Politik kommt es oft vor, das dringende tagesaktuelle Themen vorgezogen werden und dass dann Anliegen wie unsere auf die lange Bank geschoben werden.» Das sei für die Betroffenen zwar jeweils ärgerlich, aber kaum zu vermeiden. «Klar ist, wir verlieren langsam die Geduld, doch das bringt nichts.» Ob sich der Ständerat tatsächlich bereits in der Wintersession mit dem Traktandum «Ehe für alle» befasst, wie es im Newsletter von PinkCross optimistisch hiess, das könne man zum heutigen Zeitpunkt nicht sagen. «Ich hoffe es sehr, doch man muss auch mit weiteren Verzögerungen rechnen», meint Daniel und ergänzt: «Je länger uns unsere Gegner im Ständerat warten lassen, desto besser vorbereitet und engagierter werden wir im Abstimmungskampf sein!»
Text: Michel Bossart
Fotos: CC BY-NC-SA 3.0 Stephenie Vee