Politik 5.3.19
«Die Zeit arbeitet für uns»

Zwei Varianten der «Ehe für alle» werden von der Rechtskommission des Nationalrats im März in die Vernehmlassung geschickt. Bei den LGBTIQ-Verbänden freut man sich darüber und hofft auf baldige und vollständige Gleichberechtigung.
Just am Valentinstag nahm das Grossprojekt «Ehe für alle» im Bundeshaus eine wichtige Hürde: Die Rechtskommission des Nationalrats entschied nämlich, dass zwei Varianten der «Ehe für alle» in die Vernehmlassung geschickt werden.
Zum einen ist dies die Kernvorlage mit dem Zugang zur Adoption und der erleichterten Einbürgerung für ausländische Partner*innen. Und zum anderen mit dem zusätzlichen Zugang zur künstlichen Befruchtung für verheiratete Frauenpaare. Dieses Anliegen ist den Frauenorganisationen wichtig.
Ein Antrag, nur die Variante mit der künstlichen Befruchtung weiter zu diskutieren, scheiterte in der Kommission nur knapp mit 12 zu 11 Stimmen. Dazu Hans-Peter Fricker von der Politischen Kommission: «Das heisst für mich, dass die Zeit wirklich für uns arbeitet. Im letzten Juli sahen die Stimmenverhältnisse in der Kommission noch wesentlich kritischer für uns aus.»
Vor der Besprechung der Kommission haben LGBTIQ-Organisationen eine Aktion vor dem Bundeshaus lanciert, um auf die wegweisende Entscheidung aufmerksam zu machen. Über 120 Demonstrierende forderten die tatsächliche Gleichstellung im Rahmen der «Ehe für alle».
Über diese Entwicklung freut sich auch Roman Heggli, Geschäftsleiter von Pink Cross. In einer Medienmitteilung lässt er sich wie folgt zitieren: «Für eine tatsächliche Gleichstellung sollen gleichgeschlechtliche Paare dieselben Rechte und Pflichten haben wie Mann und Frau.» Der sichere Zugang zu künstlicher Befruchtung ist bereits Teil der Hetero-Ehe: Im Falle von Unfruchtbarkeit hat ein Paar die Möglichkeit, im geregelten Rahmen auf Samenspenden zurückzugreifen.
Die beiden Varianten gehen nun in die öffentliche Vernehmlassung und können von den Kantonen, Parteien und Organisationen beurteilt werden. «Wir haben in den letzten Wochen von einer überwältigenden Zahl von Politiker*innen, Verbänden, Organisationen und Fachstellen das klare Feedback erhalten, dass lesbische Paare mit der Eheöffnung selbstverständlich genau die gleichen Rechte erhalten sollen wie heterosexuelle Paare», sagt Maria von Känel, Geschäftsführerin des Dachverbands Regenbogenfamilien. Sie fügt an: «Selbst, wenn wir das Resultat der Vernehmlassung nicht vorwegnehmen können, wären wir mehr als erstaunt, wenn mit der «Ehe für alle» auch bezüglich Zugang zur künstlichen Befruchtung nicht ebenfalls gleiche Rechte für alle geschaffen würden».
Text : Michel Bossart
Fotos: Ida Schmieder, bildab.ch