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Im Fokus 5.3.21

«Es war Lockdown und ich hatte Lust auf Wahlkampf»

Der Basler Kulturunternehmer Johannes Sieber engagiert sich mit der Plattform GayBasel seit über 15 Jahren für das «bunte Treiben der Stadt Basel». Im vergangenen Herbst wurde er in das Basler Parlament gewählt.

Johannes, du bist schon seit mehr als zehn Jahren Mitglied der Regionalgruppe Basel. Was hat dich damals dazu bewogen, Network beizutreten?
Ich war damals bereits fünf Jahre mit GayBasel.org aktiv, warum der damalige Regionalleiter Angelo Caltagirone auf mich aufmerksam wurde und mich einlud, als Interessent den Apéros beizuwohnen. Das tat ich zwei bis drei Mal. Doch Apéros langweilen mich meistens. Es war also nicht Liebe auf den ersten Blick. Letztlich beigetreten bin ich, weil solche Strukturen für die Community wichtig sind. Ich bin auch Mitglied bei der Bas3l.org, Create Equality, Habs Queer Basel, Pink Cross und vergleichbaren sozialen Engagements wie zum Beispiel Solidarité sans frontières.

Was hat sich in den letzten zehn Jahren in der schwulen Basler Welt zum Guten und was allenfalls zum Schlechten entwickelt?
Ich kenne keine «schwule Welt» in Basel. Seit ich denken kann, ist die Basler Community über Geschlechtergrenzen und Orientierungen hinaus gemischt. Im Veranstaltungsbereich waren über Jahrzehnte Frauen stärker engagiert. Auch der Tuntenball und später auch das GayBasel Schiff waren bunte Partys, auf denen Schwule nur einen Farbtupfer unter vielen ausmachten; genauso die wöchentliche Zischbar. Die Community wird in Basel als Teil der Kulturstadt verstanden. Das ist gut so. Schlecht ist, dass sich gleichstellungspolitisch im letzten Jahrzehnt kaum etwas bewegt hat. Da sind andere Städte und Kantone progressiver. Sogar Baselland, was mich besonders ärgert.

Seit dem 1. Februar bist du Grossrat von Basel-Stadt, herzliche Gratulation zu diesem Erfolg. Was hat dich als Kulturunternehmer getrieben, in die Politik einzusteigen?
Ganz ehrlich? Es war Lockdown und ich hatte Lust auf Wahlkampf. Dass die Grünliberale Basel-Stadt mir den ersten Listenplatz in meinem Wahlkreis anbot, war zudem eine sehr gute Ausgangslage. Vielmehr habe ich mir dabei nicht gedacht. Ein politischer Mensch bin ich hingegen schon lange. Mit GayBasel engagiere ich mich seit über 15 Jahren für die Sichtbarkeit der queeren Community. Mein Grossvater war ein Nachkriegs-Linker. Also einer der alten Schule. Meine Tante ist die bekannte Menschenrechtsaktivistin Anni Lanz. Ich bin nicht in die Politik eingestiegen, ich wurde quasi in ihr geboren.

Inwiefern hat dir Network dabei geholfen, berufliche und/oder politische Ziele zu erreichen?
Wie Pink Cross und LOS ist Network eine der nationalen Organisationen, die sich für LGBTIQ-Anliegen einsetzen. Diese Anliegen sind auch Bestandteil meiner politischen Ziele. Darüber hinaus ist das eher schwierig zu sagen. Man könnte sich bei Network wohl besser vernetzen, als ich es tue. Trotzdem ist es gut zu wissen, dass sich das grundsätzlich anbietet.

Woran krankt Basel oder was möchtest du gerne in deiner Amtszeit als Grossrat unbedingt verändern?
Zuoberst auf meiner Agenda stehen die Anliegen der LGBTIQ-Bevölkerung. Zwar sind diesbezüglich schon einige Vorstösse überweisen worden, doch fehlt mir hier die Perspektive von Männern, deren sexuelle Orientierung oder Geschlechtsidentität, aber auch deren Erfahrungshintergrund im aktuellen Gleichstellungsdiskurs kein Gehör finden. Dazu zählen für mich auch männliche Opfer häuslicher Gewalt oder die Frage, warum eine kantonale Abteilung für die Gleichstellung von Frauen und Männern erst eine Gesetzesänderung braucht, um sich Anliegen von schwulen Männern anzunehmen. Als ob schwule Männer keine Männer wären…. Darüber hinaus werde ich kulturpolitisch Akzente setzen oder solche unterstützen. Basel ist geneigt, zu einem verschlafenen Nest zu werden. Idyllisch, sauber und Nachtruhe nach der Tagesschau Hauptausgabe. Eine lebendige Stadt braucht Raum und gute Rahmenbedingungen für Leben und Kultur. Daran werde ich arbeiten. Zudem ist mir Bildung ein Anliegen und als Nerd habe ich einen Hang zur Technologie. Hier lege ich auch meinen Schwerpunkt bezüglich Klimafragen.

Wohlwissend, dass das Leben viele Schattierungen hat, möchte ich dir zum Schluss doch ein paar Entweder-Oder-Fragen stellen, um dich etwas kennenzulernen:

Stadt oder Land? Stadt
Klassik oder Pop? Beides
Watson oder 20Minuten? Keines
TV oder Theater? Beides
Grün oder Liberal? Grüner als Wirtschaftsliberal, Gesellschaftsliberaler als Grün
Mac oder PC? Linux
Frankreich oder Deutschland? England

Interview: Michel Bossart
Foto: Lucia Hunziker

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