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Best Practices 5.2.16

«Inspiration für andere Unternehmen»

«In den Schweizer Unternehmen gibt es in Bezug auf LGBT-Diversität noch einiges zu tun»
«In den Schweizer Unternehmen gibt es in Bezug auf LGBT-Diversität noch einiges zu tun»

Ende Januar kamen in Lausanne Vertreterinnen und Vertreter von LGBT-Firmengruppen von über zehn Unternehmen zusammen. Ziel des Treffens war ein Austausch über «Best Practices» innerhalb dieser Gruppen.

«In den Schweizer Unternehmen gibt es in Bezug auf LGBT-Diversität noch einiges zu tun», sagt Jean-Fabien Monin, Leiter der Lausanner Network-Regionalgruppe. «Deshalb begannen wir vor rund zwei Jahren mit dem Aufbau eines westschweizerischen LGBT-Netzwerks, das sich mit der Thematik befasst.» Gemeinsam mit Carine Landolt von LWORK, der Schweizer Vereinigung berufstätiger homosexueller Frauen, nahm Jean-Fabien mit verschiedenen Personen Kontakt auf, deren Arbeitgeber über eine LGBT-Angestelltengruppe verfügte. «Zu Beginn waren PostFinance, die UBS, die CS und die Polizei von Lausanne dabei», sagt Carine Landolt. Am Treffen im vergangenen November nahmen dann bereits Vertreterinnen und Vertreter von zehn Unternehmen teil – darunter Thomson Reuters, Procter & Gamble, die SBB, Hotelplan und SCIPA, die noch keine Gruppe hat. Jetzt sind mit der UNO und SGS zwei weitere grosse Arbeitgeber dazugekommen. «Das Wachstum des Netzwerks ist auf eine erfolgreiche Mund-zu-Mund-Propaganda zurückzuführen», freut sich Carine Landolt. «Nun können wir untereinander Ideen und Erfahrungen im Bereich der LGBT-Angestelltengruppen austauschen und einen Best Practices Guide erstellen. Die Unternehmen können sich gegenseitig inspirieren.» Zudem sollen in diesem Jahr auch gemeinsame Konferenzen und Work-Shops organisiert werden.

Explizit auch Frauen ansprechen

Ende 2015 verschickten Jean-Fabien Monin und Carine Landolt Fragebogen an die beteiligten Unternehmen, um einen Überblick zum Stand der jeweiligen LGBT-Diversity-Programme zu erhalten. Anlässlich des Treffens im Januar wurden die Ergebnisse dieser Umfrage analysiert und diskutiert. «Eine der wichtigsten Erkenntnisse ist, dass Frauen in den LGBT-Organisationen der Firmen untervertreten sind», sagt Jean-Fabien. Daraus wurde die Forderung abgeleitet, dass die Kommunikationsstrategien der LGBT-Vereinigungen überprüft und allenfalls angepasst werden müssen. Zentral sei, dass sich stets beide Geschlechter angesprochen fühlten. «Texte und Bilder müssen so ausgestaltet werden, dass auch Frauen das Gefühl erhalten, willkommen zu sein», sagt Carine Landolt. Gerade auch, weil es sowieso schon «viel weniger in der Kultur der Frauen liege, Netzwerke aufzubauen».

Breitgestreute Kommunikation

Die zweite Erkenntnis, die die LGBT-Vertreterinnen und –Vertreter mit nach Hause nahmen, betrifft ebenfalls die interne Unternehmenskommunikation. «News und Informationen zu den LGBT-Gruppierungen müssen stets die ganze Belegschaft erreichen, und nicht nur unter den bereits bestehenden Mitgliedern gestreut werden», sagt Carine Landolt. So könne sichergestellt werden, dass zum Beispiel auch neue Angestellte Kenntnis von den Aktivitäten der Gruppe erhielten, oder Personen, die sich bis anhin nicht outen wollten.

Verbündete suchen

Der dritte zentrale Punkt, der sich aus den Diskussionen ergab: «Es braucht einen einflussreichen Verbündeten innerhalb des Unternehmens, damit LGBT-Gruppierungen erfolgreich funktionieren», so Jean-Fabien. Es habe sich gezeigt, dass sich letztere besonders in jenen Unternehmen grosser Beliebtheit erfreuten, in denen sich ein Direktionsmitglied offen für sie einsetzte. «Bei der PostFinance oder Procter & Gamble zum Beispiel ist das bereits der Fall, bei anderen Firmen wie der Barclays Bank noch nicht.» Darüber hinaus sei es auch wichtig, dass sich ein namhafter Vertreter der Personalabteilung klar hinter die LGBT-Gruppe stelle.

Wertvoller Verband

Für die Sitzungsteilnehmenden stand fest, dass es sich beim Westschweizer Netzwerk der LGBT-Angestelltengruppen um einen sinnvollen Zusammenschluss handelt. «Wir sehen, wie andere Unternehmen in Bezug auf diese Angelegenheiten vorgehen und können so unsere eigenen Strategien verbessern», sagt Alexandre Brunner von Thomson und Reuters. Zudem entstünde mit dem Bündnis eine weitere treibende Kraft im LGBT-Bereich, die auf ein bedeutendes Ziel hinarbeite. «Das können wir in der Schweiz sehr gut gebrauchen.» Auch Philippe Gachet von PostFinance ist vom Nutzen des Netzwerks überzeugt. Es sei wichtig, dass man sich auch weiterhin mit dem Thema Diversity beschäftige. «Bei der Schweizerischen Post herrscht insgesamt bereits ein offenes Betriebsklima», sagt er. «Vor gut einem Jahr sprach ich aber mit einem jungen Angestellten aus einer anderen Abteilung, der sich zu jenem Zeitpunkt bei seinen Arbeitskollegen noch nicht geoutet hatte.» Zwar habe der Mann sein Coming-out kurz nach dem Gespräch gehabt und nur gute Erfahrungen gemacht, sagt Gachet. Dennoch habe ihm dies gezeigt, dass ein offener Umgang mit dem Thema Homosexualität noch immer keine Selbstverständlichkeit sei. Und auch für Raphaël Morel von der Credit Suisse steht fest, dass noch nicht alle Ziele erreicht sind. «Beim Thema Homosexualität sind wir schon weit», sagt er. «Im Bereich Trans besteht aber noch immer Aufholbedarf.»

Text: Markus Stehle

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