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Im Fokus 6.6.20

Network braucht es auch in zehn Jahren noch

Gibt 2021 sein Amt weiter: Network-Präsident Daniel Seiler.
Gibt 2021 sein Amt weiter: Network-Präsident Daniel Seiler.

Seit 2016 ist Daniel Seiler Präsident von Network. Im Interview erzählt er, wie es dazu gekommen ist, warum Network vor allem für die Arbeitswelt wichtig ist und wieso Network kein elitärer Verein schwuler Männer ist.

Daniel, wie, wann und warum bist du zu Network gekommen?
Anfangs der Nullerjahre kam ich vom Ausland zurück in die Schweiz. Kollegen von mir wollten mich zwar schon vorher von einer Mitgliedschaft überzeugen, das wollte ich aber nicht. Ich bin relativ lange Interessent geblieben und 2006 der Regionalgruppe Zürich beigetreten. Später zog ich nach Bern um, wechselte die Gruppe und wurde letztendlich in der Regionalleitung aktiv.

Seit 2016 bist du Vereinspräsident. Wie kam es dazu?
Ich habe das Business Forum mitorganisiert, das Network 2009 im Rahmen der Europride auf die Beine gestellt hatte. Das war mein erster Arbeitskontakt zum Vorstand. Ich bin dann in der Berner Regionalleitung aktiv geworden und wurde 2013 in den Vorstand gewählt, wo ich die Finanzen übernommen habe. Nach dem Rücktritt von Luzi habe ich seine Nachfolge als Präsident angetreten.

Du hast angekündigt, an der GV 2021 zurückzutreten. Bist du amtsmüde?
Als ich Network beigetreten bin, hatte ich keinerlei Ambitionen, irgendwann mal eine Führungsfunktion innerhalb des Vereins zu übernehmen. Das hat sich einfach ergeben und das war auch gut so. Irgendwann ist die Zeit aber reif, die Fäden in andere Hände weiterzugeben. 2013 hat der damalige Vorstand eine Roadmap mit unterschiedlichsten Zielen erstellt. Zusammen haben wir diese die letzten Jahre verfolgt und wo und wenn notwendig angepasst. Vieles haben wir erreicht: Ich denke zum Beispiel ans Swiss LGBTI-Label, die neue Kommunikationsform, die Schlagfertigkeit der PoKo und vieles mehr. Jetzt soll ein neuer Präsident zusammen mit dem erweiterten Vorstand Neues erfinden. Als ich 2019 meinen Rücktritt für 2021 angekündigt habe, hoffte ich, dass ich genügend Zeit haben werde, einen Nachfolger aufzubauen. Dieser Plan ist genauso herausfordernd, wie erwartet…

Apropos GV: Wann und in welcher Form wird die GV 2020 stattfinden? Kannst du da schon etwas dazu sagen?
Der Vorstand ist sich einig, dass die GV noch im Juni stattfinden soll. Allerdings müssen wir noch die geeignete Plattform dafür finden. Selbstredend wird es keine GV mit physischer Präsenz beziehungsweise einem Eins-zu-Eins-Austausch sein, sondern es wird über die Geschäfte abgestimmt werden können.

Dann findet die GV 2021 in Bad Ragaz statt?
Darüber hat der Vorstand sich noch nicht final auseinandergesetzt. Das hängt unter anderem auch ganz davon ab, wie es mit COVID-19 weitergeht.

Rückblickend: Welche Network-Momente sind dir in besonders guter Erinnerung geblieben?
Nach 15 Jahren Network gibt es viele solche Momente und es ist schwierig einzelne herauszugreife Viele engagierte Mitglieder bewegen unseren Verein ehrenamtlich seit Jahren. In der heutigen Zeit ist das nicht selbstverständlich. Das beeindruckt mich immer wieder von Neuem.  In einer persönlichen Krise gab mir der Verein und seine Mitglieder direkt oder indirekt viel Halt und Zuspruch. Dafür bin ich sehr dankbar.

Über Network sagt man auch, dass es ein elitärer Club schwuler Männer sei: hohe Mitgliederbeiträge, kompliziertes Aufnahmeverfahren. Warum ist das so?
Dazu gibt es Grundsätzliches zu sagen: Network wurde 1996 von und für schwule Führungskräfte gegründet. Das war eine ganz andere Zeit als heute. Der Slogan damals lautete: «Männer, die bewegen». Und Sachen bewegen kann man nur mit Ressourcen: Mitglieder, Geld und Netzwerk. Mit den 650 Franken Mitgliederjahresbeitrag konnten und können wir enorm viel bewegen. Wer willig ist, diesen Betrag zu bezahlen, sagt Ja zu Network und unterstützt unsere Anliegen, Arbeit und Werte. «Elitär», das klingt ja etwas herablassend und hängt nebst der Höhe des Mitgliederbeitrages wohl mit unserem Aufnahmeverfahren zusammen. Sinn und Zweck unseres Götti-Systems ist aber nicht die Prüfung neuer Mitglieder, sondern vielmehr deren Integration. Wer geht schon gerne ganz alleine ohne jemanden zu kennen an einen Networkanlass…? Mit unserem Buddy-System heissen wir Interessenten willkommen und geben ihnen eine solide Basis für eine gewinnbringende Vereinszeit. Aus meiner Sicht – richtig eingesetzt –  ist das heute noch ein wertvolles Vorgehen.

Wo siehst du Network in zehn Jahren?
Das Wesentliche von Network ist die Kameradschaft und der Austausch unter schwulen Führungskräften und das wird es auch in zehn Jahren noch brauchen. Politisch braucht es Network hoffentlich nicht mehr, in der Arbeitswelt aber schon, denn LGBTI-Anliegen werden da auch in zehn Jahren noch ein Thema sein. Für den Verein hoffe ich, dass er sich noch weiter gegen aussen öffnet, noch sichtbarer wird und den eingeschlagenen Weg weiterverfolgt.

Zum Schluss noch ein paar Fragen zu dir: Was magst du gerne?
Selbstverständlich meine Boxerhündin Sophie. Ich bin gerne in den Bergen, besonders im Bündnerland. Die Bergwelt mag ich im Sommer genauso wie im Winter. Gerne verbringe ich Zeit mit Freunden und bekoche sie – vom einfachen Gericht bis zum komplizierten Menu liegt da alles drin. Fremde Kulturen und Städte: ich habe auf allen Kontinenten dieser Welt arbeiten und reisen dürfen. Direkte und ehrliche Menschen.

Und was magst du nicht?
Unehrlichkeit und hinterlistige Menschen. Extreme Hitze. Schlangen. Wenn Menschen unentschuldigt zu spät kommen oder dauernd am Handy rumfummeln und Leute, die zwar eine Meinung haben aber nicht zu ihr stehen.

Interview: Michel Bossart
Bild: zvg

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