Mit Stein und Besen 7.2.22
Richtig wischen ist nicht so einfach, wie es aussieht

Paddy Käser ist letztes Jahr Network (Bern) beigetreten und hat eine Vergangenheit als Profi-Curler hinter sich. Am 11. Februar gibt er sein Können weiter und beantwortet uns einige Fragen zu diesem Sport aus Schottland.
Paddy, erzähl uns, wie du zum Curling gekommen bist.
Ich bin durch die Familie zum Curling gekommen. Im Alter von 12 Jahren hat mich der damalige neue Lebenspartner meiner Mutter mit in ein Training genommen. Er war damals selber ein aktiver Curlingspieler und bestritt diverse Meisterschaften. Mich hat die Sportart von Beginn weg fasziniert, da es Ausdauer, Technik und Taktik verbindet. Zudem ist die Teamfähigkeit enorm wichtig – bei jedem gespielten Stein sind alle vier Athleten involviert – der Spieler, die beiden Wischer und der Skip. Alle müssen bei jedem einzelnen «Call» entsprechende Leistungen abrufen, damit dieser erfolgreich ist.
Du hast Curling auch mal richtig professionell betrieben und dich als amtierender Schweizermeister gemeinsam mit deinen Berner Teamkameraden für die Junioren-Weltmeisterschaften qualifiziert. Wann war das und wie ist das Abenteuer ausgegangen?
Puhh… da war ich noch jung und frisch. Im Winter 2011 gewannen wir mit meinem damaligen Team die Bronze-Medaillen an den Junioren-Schweizermeisterschaften, 2012 folgte dann der Schweizermeister-Titel und die WM-Teilnahme. Bei der WM konnten wir unsere Leistung aber nicht abrufen und belegten den 5. Schlussrang.
In den beiden Folgejahren versuchte ich mich dann mit einem Berner Team in der Elite – und holte mit einer Silber- und einer Bronzemedaille zwei weitere nationale Erfolge. Danach habe ich einen Unterbruch gehabt und mich auf die Trainertätigkeit konzentriert. Für mich war immer klar, dass ich meine Leidenschaft für den Sport auch dem Nachwuchs weitergeben möchte. Vier Jahre Lagerleitung eines nationalen Junioren-Lagers sowie Nationalcoach an den Youth Olympic Games (Jugend-Olympiade) haben mir zahlreiche tolle und emotionale Momente beschert. Danach habe ich nochmal einen Anlauf in der Kategorie Mixed Doubles (2er Curling, je eine Frau und ein Mann) gewagt. Dort erreichten wir im ersten Jahr die Bronze-Medaille bei den nationalen Meisterschaften. Trotzdem habe ich dort jedoch auch festgestellt, dass sowohl Körper wie auch Wille nicht mehr mitmachen, um ganz an die Spitze zu kommen.
Woher stammt diese Sportart?
Curling stammt ursprünglich aus Schottland – der Geschichte nach wurde dort das Spiel auf gefrorenen Seen erfunden. Auch heute ist Tradition ein wichtiger Eckpfeiler der Sportart und so sitzt auch der Internationale Curlingverband – anders als die meisten anderen Verbände, die steuertechnisch in der Schweiz niedergelassen sind – nach wie vor im schottischen Perth.
Was macht einen erfolgreichen Curler aus?
Die Sportart hat sich in den letzten 15 bis 20 Jahren enorm weiterentwickelt. Ein erfolgreicher Curler oder eine erfolgreiche Curlerin muss heute vor allem über die notwendige Sportlichkeit und über eine grosse Routine verfügen. Die internationalen Top-Teams sind Profisportler*innen und verbringen täglich mehrere Stunden mit Training – auf und neben dem Eis.
Was ist schwieriger: Den Stein abzuspielen oder korrekt mit dem Besen zu wischen?
Das ist sehr situativ – das «korrekte» Wischen, damit auch wirklich ein Effekt erbracht wird, wird von Laien stark unterschätzt. Bei «Anfängern» würde ich also behaupten, dass das korrekte Wischen schwieriger ist. Hat man aber ein gewisses Level erreicht, sind dann vor allem die Fein-Mechanismen bei der Abgabe des Steins der Key Point zum Erfolg.
Du hast dich letzten Endes aber nicht für eine Profisportlerkarriere entschieden, sondern einen anderen Weg eingeschlagen. Warum?
Ich habe in den ersten Jahren nach der Juniorenzeit (bis 21 Jahre alt) noch einige Jahre versucht, an der nationalen Spitze mithalten zu können mit den jeweiligen Teams, bei denen ich gespielt habe. Für mich war jedoch klar, dass ich auch im beruflichen Bereich weiterkommen möchte und schlussendlich auch gewusst, dass ich zu wenig Talent für ganz nach oben hatte. Meiner Leidenschaft konnte ich beruflich (ich habe zeitweise als Competition Manager für den Internationalen Verband gearbeitet) und mit den Nachwuchsarbeiten trotzdem noch nachgehen.
Am 11. Februar zeigst du deinen Berner Network-Kollegen an einem ApéroPersönlich, wie Curling geht. Kann eigentlich jeder curlen oder braucht es dazu gewisse – auch körperliche – Voraussetzungen?
Es gibt kaum eine andere Sportart, die so verbindend ist, wie Curling – und zwar zwischen Generationen, zwischen Geschlechtern und körperlich Beeinträchtigten (Rollstuhlcurling ist eine paraolympische Disziplin, im Breitensport können Rollstuhl-Curlende ohne Probleme an regulären Wettkämpfen teilnehmen). Eine gewisse Beweglichkeit, Körperbeherrschung und ein gutes Gleichgewicht helfen aber natürlich sehr.
Wie oft kommst du heute noch zum Curling?
Seit der Pandemie habe ich etwas mehr Abstand zum Curlingsport – durch die Wintermonate spiele ich noch rund alle 14 Tage ein Meisterschaftsspiel bei der Stadtberner Meisterschaft oder der kantonalen Meisterschaft in Zürich. An beiden Orten bin ich Teil eines Teams, das aus ehemaligen Top-Athlet*innen besteht. Es macht Freude, ohne grosses Training mit Gleichgesinnten noch auf einem passablen Niveau spielen zu können.
Text: Michel Bossart