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Nachruf 1.2.21

Zum Tod von Max Wiener

Anfangs Jahr ist Gründungsmitglied Max Wiener im Alter von 88 Jahren gestorben. Network erinnert sich an einen aussergewöhnlichen und inspirierenden Menschen. 

Am 4. Januar hat uns Max Wiener im Alter von 88 Jahren für immer verlassen. Max war nicht nur eine bekannte Werbelegende, sondern ein hochgeschätztes Gründungsmitglied von Network.

Mit seinem Geschäftspartner Rodolphe Deville gründete er 1961 die Werbeagentur Wiener + Deville und realisierte Kampagnen für Bally, British American Tobacco, American Express und Rivella, die über die Grenzen hinaus grosse Beachtung fanden. Auch Emil Frey oder der Damenwäschehersteller Triumph gehörten zu seinen Kunden. Die Trendagentur war aber nicht nur für ihre Kampagnen berühmt, sie galt auch als Talentschmiede. Mitte der 1960er Jahre absolvierte der spätere Medienpionier Roger Schawinski nach bestandener Handelsschule ein Praktikum bei Wiener + Deville.

1987 verkaufte Max die Agentur und wechselte von der Berater- auf die Kundenseite: Er wurde Mitglied der Ringier-Geschäftsleitung. Im Geiste blieb Max jedoch stets ein selbständiger Unternehmer. Bereits ab den 1990er Jahren war Max wieder als Berater tätig, unter anderem für McDonald’s Schweiz oder BMW.

Aufgewachsen ist Max im Berner Seeland. Daher rühre wohl sein «Faible» und Verständnis für die Minderheiten der Gesellschaft, wie es im Nachruf auf persoenlich.ch etwas weithergeholt heisst. Max’ Faible für die Aussenseiter der Gesellschaft ist wohl eher seiner eigenen Homosexualität und eher seiner jüdischen als seiner Berner Herkunft zuzuschreiben. Spitzbübisch meinte er oft, dass er, als schwuler Jude, im doppelten Sinne Aussenseiter sei. Denn wie kaum ein anderer setzte er sich für uns, die schwule Community ein: Nicht nur ist er ein Gründungsmitglied von Network und eines der ersten Ehrenmitglieder unseres Vereins, auch innerhalb von Network setzte er immer wieder Akzente. Unvergesslich sind die von ihm und Beat Schlagenhauf ins Leben gerufenen Club Dinners mit legendären Gästen wie Klaus Wowereit, Alfred Biolek, Claude Nobs, Alice Schwarzer, Guido Westerwelle, Rosa von Praunheim, Frédéric Mitterand oder Pierre Bergé, dem Mann von Yves Saint Laurent. Max war ein regelrechter Brückenbauer zwischen verschiedenen Kulturen, ein Türöffner und ein äusserst grosszügiger Mensch. So ist er Gründer – und Namensgeber – des Fonds Max, den er mit einer grosszügigen Geldeinlage äufnete, und er förderte unzählige Menschen ideell und finanziell. «Selbstverständlich out» war für Max nicht irgendein Slogan, sondern Max lebte es uns vor, indem er sich immer stark für die Rechte von Homosexuellen einsetzte. So war Max auch Initiator und Stiftungsrat des Sterbehospizes Zürcher Lighthouse, und zwar in einer Zeit, als Aids und HIV noch als Seuchen der Drogensüchtigen und Schwulen galt. Es ist darum auch Max’ Verdienst, dass diese Vorurteile aus den 1980er Jahren mit der Lighthouse-Eröffnung langsam aus den Köpfen der Menschen verschwanden.

Max war auch kritisch und stellte bisweilen unangenehme Fragen wie, ob schwule Männer auch in Zukunft noch ausserordentliche Leistungen erbringen werden, jetzt, wo wir von der Gesellschaft mehrheitlich akzeptiert sind und unsere sexuelle Orientierung nicht mehr verstecken müssen. Max war in Diskussionen immer mutig und unkonventionell. Durch seine Sicht der Dinge, die oft Klarheit schaffte, hat er uns, Network und die Community stets weitergebracht.

Max hatte noch eine andere Leidenschaft: die Schauspielerei. Die Liebe seines Lebens sei der 1978 verstorbene deutsche Schauspieler Otto Eduard «O.E» Hasse gewesen, wurde mir gesagt. Lange Jahre war Max Präsident der «Freunde des Schauspielhauses», setzte sich immer wieder für die Musikhochschule Zürich und deren Schüler*innen ein und war nach dem Tod Hasses über Jahrzehnte in der von ihm mitgegründeten O.E.-Hasse-Stiftung aktiv. Selbstverständlich hat Max auch beim Film «Der Kreis» mitgewirkt, wo er unter anderem einen wunderbaren Auftritt als Zeitzeuge hatte.

Max war ein wunderbarer Mensch, der für seine Liebe und seine Vorlieben bereit war, unkonventionelle Wege mit Mut zu gehen und von dessen geistiger und materieller Grosszügigkeit wir alle bei Network profitiert haben. Wir sind sehr traurig, dass Max nicht mehr da ist. Wir haben ihn leider viel zu früh verloren – ein grosser Verlust für uns alle.

Text: Daniel Seiler, Präsident
Fotos: Raphael Hadad

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